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Paris und die französische Wüste

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Unter diesem provozierenden Titel bringt die NZZ vom 17. Juli 2018 eine Art Abschiedsartikel vom langjährigen Auslandskorrespondenten Nikos Tzermias, in dem er darüber berichtet, wie im zentralistischen Frankreich Provinzstädte zunehmend abgehängt werden. Er wählte das Beispiel von Limoges, das im grünen Herzen des Landes, dem Limousin, liegt. Die schwierige Situation der französischen Porzellanstadt wurde von der NZZ im Internet auch unter Limoges kämpft gegen Abwanderung und Abstieg publiziert.

Seit Jahrzehnten bereisen wir jährlich – meist mehrmals – Frankreich. Ein traumhaft schönes und vielfältiges Land. Dazu befasse ich mich laufend mit unserem Nachbarland, seiner Politik und seinen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Leider beschreibt der NZZ-Artikel nur allzu treffend die derzeitige Situation in Frankreich. Wir waren Ende Mai wieder einmal in Limoges und im Limousin. Unser Eindruck deckt sich vollständig mit dem im Artikel.

Die Schaffung von Großregionen in Frankreich, die auf Anfang 2016 in Kraft trat, wurde von einem der Hauptbetreiber, dem damaligen Präsidenten François Hollande, als neuer Schritt in die Dezentralisierung gefeiert. Doch das war aus einer Außensicht nichts anderes als reine Augenwischerei. Ein Euphemismus sondergleichen. Es war schon vor der Inkraftsetzung erkennbar, daß der ganze Vorgang schlicht eine weitere Zentralisierung Frankreichs einleitete.

Vermutlich waren die Elsässer die einzigen, die das sofort begriffen hatten. Ihnen drückte man die Großregion Grande-Est aufs Auge. Die Abschaffung der Region Alsace konnte man auch nicht überkleistern mit dem Entscheid, Straßburg als Hauptstadt der neue Region zu bestimmen. Die Elsässer merkten, daß man hier auf ihr Geld zielt, versuchen will, einige historisch bedingte und gesicherte Rechtslegungen abzuschaffen und auch die große eigene Kultur weiter zu französisieren. Doch die Elsässer blieben mit ihrer Opposition chancenlos.

Oft schon hatte ich Gelegenheit, mit Franzosen solche Fragen zu diskutieren. Immer wieder stelle ich fest: Die wenigsten unserer Nachbarn können sich einen dezentralisierten Staat vorstellen, einen föderalen schon gar nicht. Für ein wachsendes Europa ist das keine gute Perspektive, denn je größer das Gesamtgebilde, desto dringlicher ist das Subsidiaritätsprinzip.

Was wir daraus lernen sollten, ist ein konstruktives Mißtrauen gegenüber den „Berufszentralisierern“ in Bundesbern.

⇒ Hier geht es zum NZZ-Artikel.

 

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