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Spielstand: 3 zu 1 für Merkel

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Heute morgen ist Angela Merkel nach der längsten Regierungsbildung in der Bundesrepublik  zum dritten Mal zur deutschen Bundeskanzlerin gewählt worden. Nach den langen Wochen der Koalitionsverhandlungen hatte man den Eindruck, daß sich vor allem die SPD mit ihrem rund 25 % Wähleranteil gegenüber der CDU/CSU mit rund 41 % inhaltlich durchgesetzt habe. Das mag zwar etwas täuschen, da die SPD ein paar plakative Forderungen unterbringen konnte, während die CDU vor allem ein paar Dinge wie Steuererhöhungen verhindern und manches unter Finanzierungsvorbehalt stellen konnte. Trotzdem: Medien und Publikum haben sicher den Eindruck erhalten, nach Abschluß der Vertragsverhandlungen heiße der Spielstand CDU/CSU gegenüber SPD 0 zu 1. Aber da haben sich wohl die meisten in der politischen Kunst der Kanzlerin getäuscht. Allein schon bei der teilweisen Regruppierung der Ministerien kam die Meisterin zum Vorschein. Wirtschaft und Energie, das heißt eine völlig neue Priorität für die Energiewende. Die Verlagerung von Bau und Raumordnung zum Umweltschutz stellt eine Entlastung für das Verkehrsressort dar, das damit bessere Handlungsräume bekommen hat und mit der Zuständigkeit für Digitale Entwicklung fast zu einem Zukunftsministerium wird. Die Ansiedlung des Verbraucherschutzes beim Justizministerium bringt die nötige Kontrolldistanz zu den Erzeugern, gleichzeitig aber muß das Agrarressort nicht mehr dauernd auf das Verbraucherthema Rücksicht nehmen. Spielstand: 1 zu 1.

Noch viel gerissener ist aber die Ministerienzuteilung auf die Koalitionspartner. Alle Themenfelder, deren Gestaltungsmöglichkeiten massiv von der Konjunktur abhängen, sind bei der SPD gelandet. Dazu kommen noch die in bezug auf  Arbeitsplätze und Rentenentwicklung sehr delikaten Bereiche wie Mindestlohn und neue Rentenzusagen. Aber traditionelle Schlüsselministerien wie Finanzen, Inneres, Verteidigung und Gesundheit liegen bei der CDU. Wenn man dabei noch berücksichtigt, daß in allen westlichen Ländern die Verteidigungsressorts infolge von Auslandeinsätzen immer mehr an außenpolitischem Gewicht gewinnen, während die Außenministerien  –  insbesondere auch durch alle die EU-Fachministerräte  –  an Gewicht verlieren, so hat die Kanzlerin der SPD nicht einfach das Außenressort überlassen. Somit beträgt der Spielstand schon 2 zu 1.

Betrachtet man nun das Personaltableau, so sieht man den nächsten Merkel-Erfolg. Natürlich hat die SPD weitgehend ihre Leute selbst bestimmt. Aber da im deutschen System der Bundeskanzler bzw. die -kanzlerin dem Bundespräsidenten die Minister zur Ernennung vorschlägt, wird keine Nomination gegen den expliziten Kanzlerwillen erfolgen. Neben den gesetzten  Gabriel und Nahles kehrt vor allem Frank-Walter Steinmeier ins Außenministerium zurück und wird eine gute Zusammenarbeit mit der Kanzlerin nach vier Jahren Unterbruch wieder fortführen. Oppermann, der gerne Minister geworden wäre, wurde nun zum SPD-Fraktionschef gewählt. In dieser Funktion wird er mit der Kanzlerin und mit seinem CDU-Partner Volker Kauder sehr gut zusammenwirken. Auf Seiten der CDU legt Merkel ein Meisterstück hin. Die starke Figur von der Leyen übernimmt das Verteidigungsressort und wird damit ein echtes Schwergewicht in der neuen Regierung sein. Dieser Schachzug öffnet für de Maizière, der nach Guttenbergs Abgang ins Verteidigungsressort wechselte (oder wechseln mußte?), die Möglichkeit, aus seinen Schieflagen mit der Bundeswehr herauszukommen. Er wird in seinem alten Ministerium wiederum einen hervorragenden Innenminister abgeben. Und mit Wolfgang Schäuble, der das Finanzministerium weiterführen wird, verbleibt der Kanzlerin ein echter Stützpfeiler. Nebenher erledigte die Kanzlerin noch ein paar kleinere Probleme aus der bisherigen Regierung, indem die glanz- und erfolglosen CSU-Minister nicht mehr oder nicht mehr schwergewichtig an der Regierung beteiligt sind. Dagegen dürfte sie mit dem bisherigen CSU-Generalsekretär und Seehofer-Vertrauten Alexander Dobrint ein wichtiges Band zur Schwesterpartei geknüpft haben, zumal wohl Dobrint wegen seiner bisherigen Aufgabe etwas einseitig gesehen wurde. Nach dem Personaltableau steht der Spielstand für Angela Merkel nun auf 3 zu 1.

Die Bundeskanzlerin Merkel, der heute aber doch 42 Stimmen zur sogenannten Kanzlermehrheit gefehlt haben, kann nicht beruhigt in ihre dritte Amtszeit gehen. Aber sie kann gefestigt starten, da sie nämlich bereits mit einem 3 zu 1 beginnt.

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