Es gibt Tage, da lacht dem Weinkenner und -genießer das reine Glück. Und gestern war so ein Tag. Es bot sich die Gelegenheit, einen Châteauneuf-du-Pape Château Rayas 1994 zu genießen.
Château Rayas ist ein besonderes Weingut im Châteauneuf-Gebiet. Es wird heute in der vierten Generation von der Familie Reynaud betrieben. Der heutige Besitzer Emmanuel durfte es nach dem Ableben seines Onkels Jacques übernehmen. Jacques Reynaud (15.01.1924 bis 14.01.1997) war eine knorrige, krautige Winzerpersönlichkeit, die sich weder auf Modetrends noch auf Oenologengags einließ. Sein Erfolgsrezept hieß: „Die einzige Garantie für Qualität ist, sich mit kleinen Erträgen zufrieden zu geben.“
In den 80er-Jahren erlebte ich Reynaud persönlich. Wir hatten im September auf einer Ferienreise die Glanzidee, bei Château Rayas vorbeizugehen. Was wir wollen, war seine etwas unwirsche Frage. Ja, was wohl, Wein degustieren. Die Antwort war ebenso ruppig wie aufrichtig: „Wissen Sie, was jetzt los ist? Maintenant ce sont les vendanges, on a pas le temps pour les dégustations.“ Und tschüß.
Château Rayas ist eine Besonderheit von den Böden her, vom arg reduzierten Ertrag und vom Rebsatz. In Châteauneuf-du-Pape besteht der erlaubte Rebsatz aus dreizehn verschiedenen Sorten. Jeder Weinbetrieb darf jedoch seine Assemblage so zusammensetzen, wie er es für richtig erachtet. Für Rayas ist das ganz einfach: nur Grenache.
Die Weine von Château Rayas gehören zu den ganz großen Weinen dieser Welt. Und der gestern genossene war ein wahrer Edelstein von den südlichen Côtes-du-Rhône. Das blitzklare, leicht gedeckte Rubinrot und die raffinierte Aromatik in der Nase ließen es kaum glauben, daß dieser Wein schon 16 Jahre alt war. Und dann erst im Gaumen. Nicht das kleinste Bißchen von Alterston. Die elegante Säure gab dem Wein eine gesunde Frische, und die geschliffenen Tannine paßten perfekt zur feinen, sehr zurückhaltenden Süße. Die präzisen Noten von Himbeeren waren mit einem leichten Kirschenaroma unterlegt und in eine feine Würzigkeit eingebunden. Das Ganze entfaltete eine große Fülle ohne Opulenz, doch mit Kraft und Ausdruck, und endete mit einer unglaublichen Harmonie, deren Abgang nicht nur im Gaumen sondern auch auf der Zunge sehr, sehr lange aufs Schönste nachklang.
So etwas gehört zum großen, unvergeßlichen Weinglück. Und das ganz besonders, wenn man es mit guten Freunden erleben darf.
Château Rayas, 1994, Châteauneuf-du-Pape; von Robert M. Parker 1997 mit 92+ bewertet. Einzig die Spanne für die Trinkbarkeit hat er mit 12 bis 16 Jahre eindeutig unterschätzt.
Getrunken in Putzi’s Weinresidenz, Olsberg, am 18. Februar 2011.
Samstag, 19. Februar 2011
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